Dienstag, 27. März 2012

EZB schafft den Kapitalismus ab

Verwirrt fragt man sich derzeit, wo denn die Schuldenkrise geblieben sei. Es ist recht still geworden um die Schuldenkrise. Zwar wird noch ein wenig über Griechenland geschrieben und das in Spanien nicht alles rund läuft, aber im Großen und Ganzen scheint die Schuldenkrise verschwunden zu sein. Niemand berichtet mehr von horrenden Zinsen für Italien oder Spanien und befürchtet, dass die Zinsen von Frankreich als nächstes steigen.

Was ist bloß passiert? Denn die Staatsschulden sind immernoch da. Daran hat sich nichts geändert und die Politik von Monti, Papadimos & Co in Ehren, aber viel verändert haben sie noch nicht. Also was ist geschehen?

Die Antwort lautet: Die EZB hat den Kapitalismus abgeschafft. Das klingt erst einmal absurd entspricht aber den Fakten.

Vormals gab es einen sogenannten Interbankenmarkt. Wenn Kunde A bei der Bank A in Land A eine Überweisung tätigte an Kunde B von Bank B in Land B lief dies wie folgt. Bank A kontaktierte Bank B und bat darum, dass Bank B Kunde B das Geld auszahlt. Als Gegenleistung erhielt Bank B von Bank A eine Forderung bzw. einen Interbankenkredit.

Seit neustem läuft es anders. Bank A holt sich einen Kredit bei der EZB bzw. lässt die EZB Ihre Rechnung bei Bank B bezahlen.

Da die EZB derzeit jede Friteuse als Kreditsicherheit akzeptiert und ein Kredit bei der EZB quasi nichts kostet, können Banken auf diese Weise unendlich viel Geld produzieren und haben gar keinen Anreiz mehr am Interbankenmarkt zu agieren. Die Bundesbank hat so Forderungen von über 500 Milliarden Euro angesammelt (Stichwort Target 2.

Kurz gesagt die EZB überschwemmt die Banken derzeit mit kostenlosem Geld und die Banken stehen daher natürlich vor der Frage, wo sie mit dem ganzen Geld hin sollen. Aus Mangel an Anlagemöglichkeiten werden dann auch wieder Staatspapiere aus Italien und Co gekauft und damit sinken natürlich deren Zinsen.

Ich habe bereits letztes Jahr erläutert, dass dies einer der Wege ist die Krise zu „lösen“. Warum es kein guter Weg ist, möchte ich aber nochmal eruieren.

Wenn man undendlich viel Geld quasi kostenlos zur Verfügung hat und das haben die Banken derzeit stellt sich wie gesagt die Frage, wo man dieses Geld investiert. Da das Geld kostenlos ist, wird jedes Projekt das eine positive Rendite abwirft und sei sie auch noch so klein lohnend. Die Banken investieren also plötzlich in Unternehmen, denen Sie normalerweise nicht einen Cent geben würden, weil sie eine viel zu niedrige Rendite haben. Diese Art Unternehmen hat natürlich auch keinen Anreiz seine Rendite zu steigern, weil es ja auch so Geld von den Banken bekommt.

Um das Ganze noch weniger abstrakt zu halten schauen wir Italien an. Italien kann sich der Geldschwemme sei Dank derzeit relativ billig Geld leihen. Warum sollte ein italienischer Ministerpräsident nun hohe Ausgabenkürzungen vollziehen und Bürokratie abbauen? Bei hohen Zinsen wäre er dazu gezwungen, aber ohne sie würde es lediglich seine Wiederwahl gefährden.

Auf Unternehmensebene sieht das Prinzip ähnlich aus. Warum sollte ein Unternehmer einen Unternehmensteil liquidieren der 3% Rendite abwirft, wenn diese Rendite immer noch über den Kapitalkosten also den Kreditzinsen liegt? Defacto generiert dieser Unternehmensteil ein Plus auf Basis von Fremdkapital, eine Liquidation wäre wiedersinnig und ein wirklicher Druck für eine aufwendige und kostenintensive Restrukturierung besteht auch nicht.

So blühen mit der Geldschwemme wirtschaftliche Handlungen, die unter normalen Umständen keine Überlebenschance hätten. Das grundelegende kapitalistische Prinzip, das nur wirtschaftliche Handlungen überleben, die Rendite produzieren wird ausgesetzt. Das Ergebnis sind die allseits gefürchteten Blasen, die dann zu platzen beginnen, wenn die Geldpolitik wieder restriktiver wird. Bestes Beispiel dafür ist die Hauspreisblase in den USA, die durch die laxe Zinspolitik der Fed generiert wurde.

Gelernt haben wir daraus offenbar nichts.

Eine Lösung des Problems ist es im übrigem auch nicht wirklich. Eigentlich werden nur die Symptome kuriert. Wir dürfen also gespannt sein, wann die Zinssätze für Staatsanleihen wieder die Schlagzeilen bestimmen. Ich freu mich fast ein wenig darauf…

3 Kommentare:

  1. “Solange ein genügend hoher Sachzins (Dividende) in Aussicht steht, wird investiert, werden Geldkapitalien in Sachkapital umgewandelt, Fabriken, Miethäuser, Kraftwerke gebaut, Maschinen und Verkehrsmittel angeschafft. Die Vermehrung dieser Sachgüter hat eine bemerkenswerte Folge: ihr Wettbewerb senkt den Zins; Dividende und Mietzins schrumpfen. Dies wäre ein an und für sich wünschenswerter Vorgang, denn in gleichem Maße, wie der Zins sinkt, erhöhen sich die Lohneinkommen (die Sachlöhne); was der Kapitalist weniger erhält, bekommt der Werktätige mehr!
    Aber hier, an dieser Stelle, wo fleißige Arbeit den Zins zu beeinträchtigen droht, wo die Axt der Arbeit an die Wurzel des Kapitalismus gelegt werden sollte, versagt sie plötzlich, wird gelähmt. Wieso das? Ganz einfach: Das Dauergeld (Zinsgeld mit parasitärer – der wesentlichen Tauschfunktion widersprechenden – Wertaufbewahrungsfunktion), das ja unter keinen Umständen zinslos zu haben ist, verweigert, gestützt auf seine Überlegenheit, bei ungenügendem Zins die Investierung, das heißt, die Umwandlung in Sachgüter; es zieht sich vom Anlagenmarkt zurück, streikt, verursacht Wirtschaftskrise! Es hindert die Werktätigen mit Gewalt daran, zu arbeiten, sperrt sie aus, macht sie arbeitslos.”

    Otto Valentin, aus “Warum alle bisherige Politik versagen musste”, 1949

    Gewählte “Spitzenpolitiker” und studierte “Wirtschaftsexperten” haben das bis heute nicht begriffen und werden es aus eigener Anschauung heraus auch bis zum Jüngsten Tag nicht mehr begreifen, denn vor dem eigentlichen Beginn der menschlichen Zivilisation steht die Überwindung der Religion (künstliche Programmierung des kollektiv Unbewussten), von der insbesondere solche Patienten – unabhängig von “Glaube” (Cargo-Kult) oder “Unglaube” (Ignoranz) – betroffen sind, die in “dieser Welt” eine “gesellschaftliche Position” erlangt haben.

    http://www.deweles.de/willkommen.html

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  2. Danke für den ausführlichen Beitrag. Ich hoffe ich werde nicht wegen Copyrightverletzung verklagt, wenn hier so ausführliche Buchzitate stehen. *nach dem Content-Industrie-Dämon umschau*.

    Herr Otto Valentin (mir bis dato kein Begriff, aber der Mann scheint ein Buch geschrieben zu haben "Die Lösung der sozialen Frage: Überwindung des Totalitarismus") beschreibt in diesem Ausschnitt sehr schön das kapitalistische System. Er macht allerdings einen kapitalen Fehler - Kapital und Arbeit sind keine reinen Substitute sondern viel eher Komplemente.

    Weniger fachchinesisch ausgedrückt heißt das: Ein Arbeiter kann ohne Maschine kein Auto produzieren und eine Maschine kann ohne Arbeiter kein Auto produzieren. Autos werden nur produziert, wenn Arbeiter und Maschinen zur Verfügung stehen. Das heißt im Umkehrschluss auch, dass je mehr Maschinen zur Verfügung stehen um Autos zu produzieren, umso mehr Arbeiter werden gebraucht, die diese Maschinen bedienen. Das Tolle ist, wenn mehr Arbeiter Autos produzieren, verdienen mehr Arbeiter Geld und können folglich mehr Autos nachfragen, was dazu führt, dass die Autokonzerne höhere Preise für Autos verlangen, mehr Gewinn machen, diesen in neue Maschinen investieren um mehr Autos zu produzieren, wofür wieder mehr Arbeiter gebraucht werden etc. pp.

    Das Spielchen geht so lange, bis theoretisch kein Arbeiter mehr ohne Job ist, der bereit und fähig wäre Autos zu bauen... und dann beginnt der Preis für Arbeit zu steigen, den die Firmen den Arbeitern bieten, damit sie bei Ihnen Autos bauen und nicht bei der Konkurrenz.

    Der gute alte Zins hat zunächst mal etwas zu tun mit der Produktivität. Arbeiter und Maschine müssen gemeinsam produktiver sein als der Kreditzins + der Lohn der Arbeiters.

    Um die Verwirrung komplett zu machen:
    Wenn der Kreditzins nun unheimlich niedrig wird (Kapital wird billig), kommt zum tragen das Arbeiter und Maschine keine perfekten Komplemente sind. Kapital substituiert dann Arbeit.

    Auf Deutsch: Wenn der Kreditzins extrem niedrig liegt, hat eine Firma einen Anreiz sich eine ultramoderne(ok ich glaub das Wort ist nicht deutsch) extra teure Produktionsanlage anzuschaffen für die Autoproduktion. Die Folge ist, dass nun ein Arbeiter 10 Maschinen bedienen kann. Es werden also nur noch 1/10 der Arbeitskräfte benötigt. Kapital hat Arbeit dann also ersetzt, weil es sehr billig ist. Wenn nun aber die Zinsen wieder steigen(EZB hebt Zins an) wird Kapital wieder teurer und plötzlich steht die Firma vor einem Problem. Sie hat eine super teure Maschine, die extrem hohe Kapitalkosten verursacht, obwohl es viel günstiger wäre die alten Maschinen zu nutzen, die billiger sind und mehr Arbeitskräfte brauchen. Im besten Fall ist das Unternehmen dann unproduktiver geworden und im schlimmsten Fall ist es pleite.

    Ich schränke vorsorglich gleich ein, dass das natürlich vereinfacht ist. Natürlich wird das Mehr an teuren Maschinen auch produziert, wofür wiederum wieder Arbeitskräfte notwendig sind usw. Fakt ist jedoch, dass diese Art Wachstum nur darauf basiert das die Firma Autos mit einer Maschine herstellt, die zu teuer wäre, wenn die EZB den Zins nicht zu niedrig setzen würde...

    Warum belässt die EZB den Zins nicht auf dem niedrigen Niveau? – ganz simpel - In der nächsten Krise könnte sie dann den Zins nicht mehr weiter senken (weniger als 0 geht nicht). Sie wäre also ihrer Geldpolitischen Mittel beraubt.

    So ich glaub ich bin durch. Ähm - ach siehst. Da war es wieder - glauben - mir schwirrt zu dem Thema Glauben immer ein Spruch von Nietzsche im Kopf herum:
    "»Glaube« heißt Nicht-wissen-wollen, was wahr ist."
    - und jetzt mal ehrlich. Wer von uns will schon wissen was wahr ist? ;)

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  3. Ok ich glaub ich hätte Herrn Otto Valentin mehrfach lesen sollen, bevor ich Romane schreibe.

    Der Fehler liegt nicht darin, dass er Arbeit und Kapital als reines Substitut sieht...

    Genaugenommen ist das was er dort schreibt vollkommen richtig.

    Er beschreibt die Herstellung des Marktgleichgewichts unter vollständigem Wettbewerb. Das Gleichgewicht liegt da, wo gilt:
    Preis = Zahlungsbereitschaft desjenigen Kunden, der gerade noch bereit ist diesen Preis zu zahlen = den Kosten die das ineffizienteste Unternehmen hat (Unternehmen mit Nullgewinn).

    'ne Axt seh ich da allerdings nicht und zurückziehen tut sich da auch nix (deswegen heißt es Gleichgewicht) und mit Krisen hat das schon gar nichts zutun...

    Was die Arbeitskräfte betrifft, könnte man sie natürlich in Unternehmen beschäftigen, die höhere Kosten haben als den Markpreis, die also Verlust machen. Die Frage, die sich dabei allerdings stellt, ist: Wer bezahlt das? Und Wäre es nicht besser Sie würden in Unternehmen arbeiten, die effizient sind, also Gewinn machen?

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