Montag, 27. Februar 2012

8 Stunden arbeiten und dennoch ALG II beziehen

Das böse böse Bundesarbeitsministerium neigt dazu, die Arbeitslosenzahlen auf einen Friseurstuhl zu setzen und rumzuschnippeln, bis eine wesentlich moderatere Arbeitslosenzahl herauskommt.

Das schöne ist, das Jene, die sich darüber beschweren, gerne die gleichen Mittel einsetzen. Ein schönes Beispiel dafür ist das Thema Mindestlohn. Es kann nicht sein, dass jemand in Deutschland Vollzeit arbeitet und von seiner Arbeit nicht leben kann. Also muss ein Mindestlohn her und zwar schnell. Man gewinnt dabei den Eindruck, dass es eine breite Bevölkerungsschicht gibt, die ihren Lohn mit ALG II aufstocken muss, um zu überleben. In der Tat sind es beeindruckende 1,36 Millionen Menschen, die derzeit ihren Lohn aufstocken. Es lohnt sich jedoch diese Zahl etwas genauer zu betrachten, was versierte Populisten natürlich nur tun, wenn es sich anbietet.

Ich bin zwar Populist aber kein servierter äh versierter, deshalb bröseln wir diese hohe Zahl einmal auf:

Wir machen das, wie bei den zehn kleinen Jägermeistern, bis nur noch einer übrig bleibt.

Zunächst die erste Gruppe, die in die Kategorie fällt, aber sicherlich nicht von einem Mindestlohn profitieren würde - die Selbständigen. Unter den erwerbstätigen Leistungsbezieher ist eine erstaunlich hohe Zahl selbstständig, kann aber nicht von dem eigenen Geschäft leben. Dies betrifft 126 000 der 1,36 Millionen, bleiben also noch 1,234 Millionen Aufstocker.

In diesen 1,234 Millionen Aufstockern ist noch eine weit größere Gruppe. Die geringfügig Beschäftigten. Das umfasst alles, was in den Bereich 400 € Job fällt. Zu dieser Gruppe gehören stolze 681 000 der Aufstocker. Bleiben also noch 653 000.

Von diesen 653 000 wiederum waren 241 000 in einer sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung, verfügten also nicht über eine Vollzeitstelle. Bleiben noch 412 000.

Hiervon wiederrum verfügten 38 000 über eine sozialversicherungspflichtige Stelle als Auszubildender. Bleiben noch 374 000 Menschen.

Die Bundesarbeitsagentur gibt die Zahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten mit 329 000 einschließlich der 38 000 Auszubildenden an. Ich vermute die Differenz erklärt sich über Sonderfälle und das Wort "sozialversicherungspflichtig". Unabhängig davon ob es nun 0,374 Millionen oder 0,329 Millionen sind, heißt das, dass von der Thematik 8 Stunden pro Tag arbeiten und dennoch Harz 4 beziehen unter 0,5 Prozent der Bevölkerung Deutschlands betroffen sind. Das ist weniger als einer unter 200 Einwohnern.

Erstaunlich was für eine Welle diese Minderheit schlägt und dabei habe ich noch nicht einmal berücksichtigt, dass von diesen 0,5 Prozent der Bevölkerung vermutlich ein beachtlicher Teil Leistungen bezieht, weil zuhause ein Kind miternährt werden muss. Was wohl dann von den 0,5 Prozent übrig bleibt?

Was lernen wir daraus? Statistiken in Argumentationen von Politikern sind wie Bikinis. Sie zeigen alles und verdecken doch das wichtigste. Deutschland braucht keinen Mindestlohn, denn Mindestlöhne tuen höchstens eines, sie erschweren den Einstieg in eine Erwerbtätigkeit, dass gilt besonders für junge Arbeitnehmer.

Nachlesen kann man das alles übrigens im Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit, für die die mir nicht glauben.

Montag, 20. Februar 2012

Hinter'm Rubikon geht's weiter - von Gauck, Hinze, Merkel & Co

Hinter'm Rubikon geht’s weiter
Ein neuer Präsident
Hinter'm Rubikon immer weiter
Auch wenn Wulff jetzt wohl flennt
Das mit Wulff ging so tief rein
Dacht' schon das würd‘ nie zu Ende sein
Sowas Blödes gibt nicht einfach so klein bei
Dödödö…

Wulff ist weg. Der Rubikon wurde überschritten, es gab Krieg und Wulff hat verloren. Das ist schön. Ich wollte schon vorschlagen, dass man es wie im Vatikan handhabt. Dort wurde offenbar beschlossen, dass der aktuelle Papst noch dieses Jahr stirbt. Nur über die Todesursache ist man sich noch nicht einig geworden.

Was ich gar nicht so toll fand waren die Namen, die kurzzeitig wieder kursierten. Vor allem die weiblichen. Nichts gegen eine Bundespräsidentin, aber wenn ich in diesem Zusammenhang den Namen Ursula von der Leyen höre schüttelt es mich schon wieder. Wenn ich die Wahl habe zwischen Wulff und dieser … Zimtzicke, die zu allem etwas, aber nicht sinnvolles sagt… nehm ich lieber wieder Wulff. Frau von der Leyen als Bundespräsidenten …. auswandern würd' ich.

Der zweite Name, der Sonntag bei Günther Jauch von Herrn Geißler genannte wurde, war auch nicht besser - Frau Margot Käßmann. Wobei man hier der Tatsache Rechnung tragen muss, dass die deutschen Straßen vermutlich wesentlich sicherer wären, wenn Frau Käßmann von einem Chauffeur durch die Republik gekarrt wird und sich auf der Rückbank ein paar Kurze genehmigt, statt selbst zu fahren.

Wie auch immer – es ist keine von beiden geworden, sondern der, der schon vor über einem Jahr Bundespräsident hätte werden sollen - Joachim Gauck.

Dass es dazu gekommen ist, verdanken wir einem Herrn, der eigentlich ein strikter Verfechter Wulffs war. Peter Hintze, ehemals Generalsekretär der CDU, erhob sich von seiner Rentner Wellnessliege, stiefelte zu Jauch, gab dort viel Misst zur Verteidigung Wulffs von sich und erwähnte ganz nebenbei einen Aktenvermerk von Wulff. Für selbigen Aktenvermerk von Wulff interessierte sich daraufhin die Staatsanwaltschaft in Hannover. Sie besorgte sich diesen und beschloss daraufhin, dass ein Anfangsverdacht für Vorteilsnahme gegeben sei, bat also um die Aufhebung der Immunität Wulffs. Dieser trat dann zurück und die Koalition begann panisch nach einem neuen Kandidaten zu suchen. FDP und Unionsparteien konnten sich nicht einigen, woraufhin die FDP den SPD-Grüne-Kandidaten Gauck öffentlich favorisierte. Für die CDU gab es nun noch genau zwei Optionen. Das Ende der Koalition oder einlenken und Gauck wählen, obwohl dies ein gefundenes Fressen für SPD und Grüne ist.

Man stelle sich nur einmal vor. Es wäre zum Koalitionsbruch gekommen und das alles nur weil Herr Hinze sich in einer Sendung mit einem Satz verplappert hat. Ein erstklassisches Beispiel für einen Butterflyeffekt.

Hätte er sich den Satz gespart, hätte Frau Merkel nicht so missmutig geschaut wie in der Pressekonferenz gestern Abend. - Ok ich nehm‘s zurück - Bei ihrem Gesicht hätte sie genauso missmutig geschaut, es aber anders gemeint.

Sehr interessant war auch zu beobachten, wie krampfhaft Herr Gabriel seine Schadenfreude verbergen musste. Es fehlte nicht viel und wir hätten einen korpulenten Herrn auf dem Tisch tanzen gesehen, dass er dies nicht tat lag vermutlich daran, dass er ein wenig von Herr Gaucks Aura betäubt war. Selbiger hatte sich bekanntlich an dem Abend nicht gewaschen.

Was Herr Gauck betrifft, so hat er in wenigen Worten bewiesen, wie sehr er für das Amt des Bundespräsidenten geeignet ist. Während der Pressekonferenz habe ich für einen Moment tatsächlich geglaubt in einem „guten Land“ zu leben. Danach sah ich Nachrichten in denen proklamiert wurde, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit das zweite Hilfpaket für Griechenland bewilligt wird und die Welt war wieder düster wie eh und je.

Dienstag, 7. Februar 2012

Die Gefahr einer Eiszeit

Frau Merkel riskiert derzeit eine Eiszeit. Damit spreche ich nicht vom aktuellen Wetter, sondern von der Beziehung zu Frankreich. Sie unterstützt nämlich Sarkozy derzeit aktiv in seinem Wahlkampf, weil dieser ja einer Schwesterpartei der CDU angehöre. Das ist nur solange clever, wie nicht der deutschen Intervention zum Trotz die Franzosen eine sozialistische Regierung an die Macht wählen. Sollte dies geschehen droht eine Eiszeit in der Beziehung zu Frankreich, bei der das aktuelle Wetter wie ein Hochsommer erscheint.

Besonders unclever bei der Aktion ist, dass Sarkozy derzeit in den Umfragen nicht vorne liegt und damit ein Sieg eher unwahrscheinlich ist. Aber mit der deutschen Intervention wendet sich das Blatt sicher…

Bei diesem Lauf der Dinge ist man fasst geneigt zu behaupten, dass Deutschland ein wenig den Eindruck erwecken könnte, das es versucht eine Deutschlandkonforme Regierung einzusetzen eine Art Vichy-Regime…

Aber malen wir den Teufel nicht an die Wand mit ihrem GAU-Leiter in Griechenland ist die deutsche Regierung sicher völlig zufrieden…

Diese Gedankengänge existieren im Ausland tatsächlich und es fällt schwer nicht zumindest zuzugestehen, dass die Einflussnahme und das Selbstbewusstsein von Deutschland rapide zugenommen hat. Es ist ein wenig, als wandle sich die europäische Union in eine Union unter deutscher Führung. In der Slowakei wurden vor ein paar Monaten Parallelen zwischen der Sowjetunion und der EU gezogen, Deutschland wäre in diesem Bild eine Art humanes Russland. Das ein humanes Russland bleibt steht nicht zur Debatte, aber ist es das was wir wollen?

Die Pfändung griechischer Zinsen ist ein extremer Eingriff in staatliche Souveränität. Das übernehmen der Schuldenbremse in der gesamten EU läuft unter ähnlichen Vorzeichen und die sich immer deutlich abzeichnende gemeinsame Fiskalunion wird dies noch verschärfen.

Ein politisch geeintes Europa ist politisch eine wunderschöne Vorstellung und vermeidlicher Garant für Frieden, Wohlstand und natürlich auch für Einfluss im weltweiten Kontext. Eine schöne heile Welt.

Mehr und mehr drängt sich mir die Frage auf, ob wir nicht zuviel wollen. Europa definiert sich vor allem auch über kulturelle Vielfalt Diese unter einen politischen Hut zu bringen wird schwierig und wirtschaftlich führt ein Zusammenschluss vielleicht auch zu mehr statt weniger Problemen. Das eine homogene Geldpolitik schief gehen kann zeigt die aktuelle Krise. Eine EZB kann für Griechenland derzeit keinen angemessenen Zins realisieren, weil da auch noch Staaten wie Deutschland sind. Eine gemeinsame Fiskalpolitik verschärft dies noch, denn wer soll den Deutschen erklären, dass Sie mehr Steuern zahlen sollen als die Griechen, obwohl dies in einer Staatskasse landet?

Es ist wie mit der Wahlkampfhilfe in Frankreich. Solche Ideen schweißen die EU-Länder nicht unbedingt zusammen, sie können auch zu einer Eiszeit führen.

Ein heterogenes Europa mit souveränen Staaten, die freundschaftlich in einer Union koexistieren, dass könnte die optimale Lösung gewesen sein. Zu dieser einstmals realisierten Lösung gehört auch, dass sich deutsche Kanzler nie in französische Wahlkämpfe einschalten. Aber Politiker finden bekanntlich selten die optimale Lösung.

Mittwoch, 1. Februar 2012

Terroranschlag in Berlin

Das habe ich gestern doch tatsächlich vergessen. In Berlin gab es einen Terroranschlag. Zwei Zitat "Rohrbomben" wurde am S-Bahnhof Hennigsdorf (ok ich glaub das ist gar nicht mehr Berlin) gezündet. Eine Rohrbombe besteht heutzutage aus einem Rohr und ein paar darin steckenden Polenböllern.

Dieser Anschlag schier unglaublichen Ausmaßes lief wie folgt ab. Zunächst zündeten die Terroristen einen Sprengsatz auf der Treppe des Bahnhof und dann einen in einem Fahrstuhl. Die Scheiben des Fahrstuhls gingen dabei zu Bruch. Grund genug für die Polizei den Bahnhof weiträumig(!) abzusperren, sowie dafür zu sorgen, dass die S-Bahn zwei Stunden ihren Betrieb einstellen musste.

Eine unglaublich sinnvolle Maßnahme wegen einem Schaden von ein paar geborstenen Scheiben folgende Kosten zu verursachen: Einsatzkosten für etliche Polizisten, Kosten aus dem Betriebsausfall bei der S-Bahn und volkswirtschaftliche Kosten bei den Leuten die nicht den S-Bahnhof erreichen konnten.

Überraschender Weise ließen sich bei dem Terroranschlag zunächst keine politischen Motive finden. Al Qaida oder die Linke waren es also vermutlich nicht.

Wobei ich persönlich überzeugt davon bin, dass die Polizei in diesem Punkt irrt. Zwei mögliche Motive kommen aus meiner Sicht infrage.

Entweder es handelt sich um eine militante Vereinigung die gegen Fahrstühle und Treppen und für ein flaches Berlin protestieren. Im Erdgeschoss lässt sich schließlich viel besser einbrechen, um den Elektro-Grill zu entwenden.

Oder es handelt sich um eine militante Vereinigung, die gegen Brücken und Unterführungen an S-Bahnhöfen und für die Renaissance des klassischen Bahnübergangs protestiert. Selbiger hat entscheidende Vorteile. Ein klassischer Bahnübergang, also ein direkt zu überquerendes Gleis ist ein natürliches Instrument der Auslese von unachtsamen, risikofreudigen oder lahmen Fußgängern. Vor allem die unachtsame und risikofreudige Kategorie ist in Berlin überproportional vertreten, so dass eine natürliche Auslese durchaus Sinn machen würde. Das ist ähnlich wie bei Rotwild, wenn es zuviel davon gibt und die Bäume im Wald nicht bald alle ohne Rinde dastehen sollen, muss man sie halt erschießen… oder überfahren…