Montag, 18. Juli 2011

Das Leugnen des Unausweichlichen in der Griechenlandpolitik

Die Schuldenkrise beherrscht dieser Tage auch weithin sämtliche Nachrichten Quellen. Dabei gab es einige sehr amüsante Überlegungen und weniger amüsante Entwicklungen. Zunächst steht der nächste Kandidat fest. Diesmal ein beachtliches Schwergewicht im Ring dessen Potenzial im bankrottgehen nicht unterschätzt werden darf. Die Rede ist von Italien. Aus diesem Anlass trafen sich einige Köpfe der Europäischen Union und zudem fand noch ein Treffen der Finanzminister der EU statt. Das Ergebnis war unter anderem ein Vorschlag, der vom großartigen Sachverstand der beteiligten Politiker zeugte. Herr EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier schlug ernstlich vor der Ratingagenturen zu verbieten Staaten zu bewerten, die von der EU gestützt werden. Die neue Direktorin des IWF Christine Lagarde äußerte sich laut FAZ.net ähnlich und Frau EU-Justizkommissarin Viviane Reding forderte gar eine Zerschlagung der Rating Agenturen.

Ich mag Katzen und vermutlich daher galt mein erster Gedanke als ich dies las einer Katze. Der Katze von Schrödinger.

Stellen wir uns eine Welt ohne Rating Agenturen vor. Was fehlt? Nun die Lösung dieser Frage liegt in einem Werbeslogan einer Ratingagentur, die vermutlich nur Wenige mit positiven Emotionen verbinden. Die Agentur heißt Schufa und der Slogan, der zu den unfreiwillig sarkastischsten Webeslogan aller Zeiten gehört heißt „Wir schaffen vertrauen“. Ungeachtet der Tatsache, dass der Marketing-Spezialist, der sich dies ausdachte, definitiv nicht viel gedacht hat, ist das Grundprinzip richtig. Banken würden bei der Kreditvergabe wesentlich restriktiver vorgehen, wenn es die Schufa nicht gäbe. Denn Sie hätten entweder die Wahl wirklich zu vertrauen, oder mühsam selbst die Fakten bei jedem Kunden zu recherchieren. Rating Agenturen erfüllen genau dieselbe Funktion wie die Schufa. Sie recherchieren bezüglich der Solvenz von Unternehmen und Staaten und bewerten diese, damit Ihre Kunden einen ungefähren Eindruck der Solvenz haben. Dabei liegen Sie nicht immer richtig (siehe Subprimekrise), aber letztlich doch sooft richtig, dass Ihrem Urteil ein hohes Gewicht beigemessen wird.

Wenn also das Urteil den Rating Agenturen weggfiele, dann hätten wir eine Situation, wie beim Gedankenexperiment mit Schrödingers Katze. Griechenland ist die Katze (sagte ich vorhin ich mag Katzen?) und wenn wir den Ratingagenturen das bewerten verbieten, ist das so, als würden wir die Katze in eine Box einsperren, die von außen nicht eingesehen werden kann (zusammen mit einem Uran Atom). Ab dem Moment, wo die Kiste geschlossen ist, respektive Griechenland nicht mehr bewertet wird, befinden sich beide also Griechenland und die Katze in eine Art Zwitterzustand zwischen Tod/Bankrott und Lebend/fast bankrott. Das Ergebnis ist simpel, da Investoren im Allgemeinen eher risikoavers sind, werden sie diesen Zustand wie ein „Default“ der Rating Agenturen werten.

Es ist natürlich vermessen von einem Haufen Juristen zu erwarten, dass sie ökonomisch sinnvolle Vorschläge machen, oder ökonomisch sinnvoll handeln, wenn selbst ein sogenannter „Wirtschaftsjournalist“ bei Phoenix sinnvoll Statements abgibt, wie das es „böse“ Marktteilnehmer gebe, die aktiv gegen Griechenland agieren. Also durch Ihre „Wetten“ die Situation vorsätzlich verschärfen. Dieses Statement ist so nebulös wie es klingt, denn sowohl Rating Agenturen, wie auch Marktakteure können und werden nicht den Markt gegen Griechenland oder einen anderen Eurostaat aufbringen, wenn sie nicht von der Realität dazu gezwungen werden, da schlicht und ergreifend niemand von einem zusammenbrechenden Europa profitieren kann (Staatskrisen gehen immer mit Kapitalverlusten und Konjunktureinbrüchen für alle einher).

Defacto sind es momentan vor allem die Märkte und Rating Agenturen, die rational handeln und nicht die Politiker und Zentralbänker, welche sich in der Illusion ergehen, sie könnten Märkte und Medien von der Wahrheit ablenkten.
Was ist also zu tun? Es sollte Klarheit geschaffen werden. Griechenland braucht eine Umschuldung und zwar schnellstmöglich. diverse andere Eurostaaten werden vermutlich mittlerweile, der Krisenpolitik sei Dank, folgen. Das anschließende Beben wird dramatisch sein, ist jedoch unausweichlich. Was jedoch nicht passieren muss, ist dass darüber der Euro zerbricht. Es kann sehr wohl innerhalb einer Währungsunion Staatsbankrotte geben, ohne dass diese dadurch infrage gestellt wird. Die Europäische Union und das Projekt Euro sind nichts, was auf diesem Altar geopfert werden muss und werden sollte.

Wenn wir den nahenden Tod von Schrödingers Katze akzeptieren, kommen wir darüber hinweg. Es wäre besser gewesen, ihn früher zu akzeptieren um die Folgeschäden zu begrenzen, aber es ist noch nicht so spät, dass es nicht mehr schlimmer kommen kann.

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