Das böse böse Bundesarbeitsministerium neigt dazu, die Arbeitslosenzahlen auf einen Friseurstuhl zu setzen und rumzuschnippeln, bis eine wesentlich moderatere Arbeitslosenzahl herauskommt.
Das schöne ist, das Jene, die sich darüber beschweren, gerne die gleichen Mittel einsetzen. Ein schönes Beispiel dafür ist das Thema Mindestlohn. Es kann nicht sein, dass jemand in Deutschland Vollzeit arbeitet und von seiner Arbeit nicht leben kann. Also muss ein Mindestlohn her und zwar schnell. Man gewinnt dabei den Eindruck, dass es eine breite Bevölkerungsschicht gibt, die ihren Lohn mit ALG II aufstocken muss, um zu überleben. In der Tat sind es beeindruckende 1,36 Millionen Menschen, die derzeit ihren Lohn aufstocken. Es lohnt sich jedoch diese Zahl etwas genauer zu betrachten, was versierte Populisten natürlich nur tun, wenn es sich anbietet.
Ich bin zwar Populist aber kein servierter äh versierter, deshalb bröseln wir diese hohe Zahl einmal auf:
Wir machen das, wie bei den zehn kleinen Jägermeistern, bis nur noch einer übrig bleibt.
Zunächst die erste Gruppe, die in die Kategorie fällt, aber sicherlich nicht von einem Mindestlohn profitieren würde - die Selbständigen. Unter den erwerbstätigen Leistungsbezieher ist eine erstaunlich hohe Zahl selbstständig, kann aber nicht von dem eigenen Geschäft leben. Dies betrifft 126 000 der 1,36 Millionen, bleiben also noch 1,234 Millionen Aufstocker.
In diesen 1,234 Millionen Aufstockern ist noch eine weit größere Gruppe. Die geringfügig Beschäftigten. Das umfasst alles, was in den Bereich 400 € Job fällt. Zu dieser Gruppe gehören stolze 681 000 der Aufstocker. Bleiben also noch 653 000.
Von diesen 653 000 wiederum waren 241 000 in einer sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung, verfügten also nicht über eine Vollzeitstelle. Bleiben noch 412 000.
Hiervon wiederrum verfügten 38 000 über eine sozialversicherungspflichtige Stelle als Auszubildender. Bleiben noch 374 000 Menschen.
Die Bundesarbeitsagentur gibt die Zahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten mit 329 000 einschließlich der 38 000 Auszubildenden an. Ich vermute die Differenz erklärt sich über Sonderfälle und das Wort "sozialversicherungspflichtig". Unabhängig davon ob es nun 0,374 Millionen oder 0,329 Millionen sind, heißt das, dass von der Thematik 8 Stunden pro Tag arbeiten und dennoch Harz 4 beziehen unter 0,5 Prozent der Bevölkerung Deutschlands betroffen sind. Das ist weniger als einer unter 200 Einwohnern.
Erstaunlich was für eine Welle diese Minderheit schlägt und dabei habe ich noch nicht einmal berücksichtigt, dass von diesen 0,5 Prozent der Bevölkerung vermutlich ein beachtlicher Teil Leistungen bezieht, weil zuhause ein Kind miternährt werden muss. Was wohl dann von den 0,5 Prozent übrig bleibt?
Was lernen wir daraus? Statistiken in Argumentationen von Politikern sind wie Bikinis. Sie zeigen alles und verdecken doch das wichtigste. Deutschland braucht keinen Mindestlohn, denn Mindestlöhne tuen höchstens eines, sie erschweren den Einstieg in eine Erwerbtätigkeit, dass gilt besonders für junge Arbeitnehmer.
Nachlesen kann man das alles übrigens im Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit, für die die mir nicht glauben.
Erst wird Bezug auf die BA genommen:
AntwortenLöschenDas böse böse Bundesarbeitsministerium neigt dazu, die Arbeitslosenzahlen auf einen Friseurstuhl zu setzen und rumzuschnippeln, bis eine wesentlich moderatere Arbeitslosenzahl herauskommt.
Um dann, genau diese Zahlen als Massstab zu nehmen?
Hm? Scheint doch Satire zu sein.
Bei genauerem Lesen hätte man nämlich dies entdecken können:
Danach waren mit 2.486.000 48 Prozent der Leistungsempfänger arbeitslos gemeldet. 2.695.000 Personen bekamen Leistungen, ohne arbeitslos zu sein...
Dass die destatis.de (Bundesamt für Statistik) von ca. 7 Mio. im Hartz-Bezug schreibt, ist dann eher vernachlässigbar.
Alles wird gut...
Ich muss gestehen, ab und an verrenn ich mich mal und schreib was ernst gemeintes ;). Wie auch immer - leider hat die BA in Sachen Leistungsbezug ein Informationsmonopol. Wirkliche Zweifel an der Authenzität der Daten habe ich aber auch nicht...
AntwortenLöschenDie Zahl (2.695.000 Personen), die du jetzt ausgekram hast schließt Gruppen ein, die als nicht erwerbsfähig eingestuft werden. Das betrifft Kinder, Berufsunfähige, Behinderte, Alleinerziehende mit kleinen Kindern, Vorruherständler, Studenten, Arbeitslose in Maßnahmen, Leute die Angehörige Pflegen etc. pp.
Falls du also nicht für Kinderarbeit plädierst, bringt in dieser Gruppe ein Mindestlohn auch nichts. ;)
Achja btw. das statistische Bundesamt bezieht seine Daten zum Leistungsbezug von der BA. Die Daten können also gar nicht unterschiedlich sein. Sind sie es doch, sag bescheid, dann stürzen wir Frau von der Leyen ;).