Letzte Woche ist mit mir der Neoliberalismus ein wenig durch gegangen. Man möge es mir verzeihen, aber aktuell quälen mich ein paar kleine rote Monster, die sich in meine Gedanken einschleichen und unbequeme Fragen stellen. Mit Miniatur-Plasmaschneidern zerlegen sie langsam aber kontinuierlich mein aktuelles Weltbild.
Es sind Beiträge wie z. B. dieser hier, die ich früher kopfschüttelnd als sozialistisch abtun konnte. Mittlerweile kommt die Frage auf, die auch ein ehemaliger Berater von Margaret Thatcher vor kurzen gestellt hat. Hat die politische Linke am Ende doch recht?
Ich möchte das kurz erläutern: Es besteht kein Zweifel daran, dass staatliche Regulierung die Finanzkrise ausgelöst hat. Die Niedrig-Zinspolitik der US-Notenbank FED und der politische Grundsatz „jeder Amerikaner sollte ein Eigenheim besitzen“ sind die Ursache für die Krise. Soweit ist alles in Ordnung der Staat als Störfaktor ist definitiv ein Argument für den Liberalismus.
Aber die Deregulierung, wie auch die Globalisierung, der Freihandel und alle Errungenschaften des Wirtschaftsliberalismus, die zu mehr Wohlstand führen sollten haben etwas mit sich gebracht, was vom Liberalismus stets geleugnet von der Linken aber immer angeprangert wurde.
Das System ist instabiler.
Solange die Wirtschaft im Gleichgewicht ist, ist alles in Butter, aber die Realität ist stets geprägt von exogenen Schocks, die ab und an auftauchen. Das kann falsche Zinspolitik in den USA sein oder ein rapider Anstieg des Ölpreises durch politische Krisen. Mehr Liberalismus, das heißt weniger Marktverzerrung durch Staat, Monopolisten oder Kartelle und reduziert das Risiko, dass ein exogener Schock auftritt. Zugleich scheint es aber die Auswirkungen von exogenen Schocks zu maximieren. Es ist buchstäblich aktuell so, dass wenn in China ein Sack Reis umfällt, dann die Weltwirtschaft erzittert. Aktuell fallen überall Reissäcke wie beim Dominoday und man beginnt sich zu fragen, ob dieses fragile liberale System wirklich besser ist, als ein weniger liberales System.
Am Horizont droht die Kehrtwende, die Rückkehr zu Handelsschranken und Protektionismus und die Rückkehr zu aktiven Eingriffen in den Markt. Das Verbot von Leerverkäufen ist so ein Beispiel, die Finanztransaktionssteuer ein anderes. Diese Maßnahmen erscheinen aus ökonomischer Sicht nicht sinnvoll und dennoch stellt sich die Frage, wie sonst soll ein stabileres System geschaffen werden? Ist es an der Zeit Ineffizienzen in Kauf zu nehmen?
Ich weiß darauf keine Antwort mehr. Ich wusste sie mal, war mir sicher, aber das ist vorbei.
Ein anderes Thema bei dem es ebenfalls Zweifel bei mir einschleichen heißt Libyen. Ich hielt es für richtig, dass Deutschland sich nicht an einem Bürgerkrieg beteiligt und für falsch, dass die Nato dies tut. Wer heute Nacht das rot-schwarz-grüne Flaggenmehr auf dem Platz der Freiheit in Benghazi bei Aljazeera sah, konnte eigentlich nicht mehr dieser Meinung sein.
Sicherlich wird die nun folgende Situation kritisch und es ist ungewiss ob Libyen in Zukunft ein stabiler Staat, geschweige denn eine stabile Demokratie wird, aber vielleicht hatte Sarkozy recht, als er die Entscheidung traf, dass das Libysche Volk die Chance verdient es zu versuchen.
In der realen Welt gibt es eben keine Antworten und Wahrheiten, sondern nur Fragen und Meinungen. Dieser Tage gilt dies umso mehr.
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